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Tim Labenda

"Mir geht es darum ein Gefühl zu transportieren."

Tim Labenda Tim Labenda
Text/ Interview: Sara Umbreit, Fotos: Damian Tauchert

Wenn man sich einmal in der oft hektischen und um sich selbst drehenden Modewelt bewegt hat, entkommt man nicht dem Gefühl, dass Tim Labenda einer der entspanntesten und symphatischsten Designer ist, dem man begegnen kann.

Gemütlich und vor allem wohnbar muss es für ihn und seinen Partner Hannes Krause zu Hause sein. Minimalismus sagen die beiden, sei längst vorbei. Um Authentizität gehe es und Persönlichkeit. Interior Design sei zur Zeit populärer als Mode; nach innen richte sich der neue Zeitgeist, statt nach außen. Wir haben Tim außerdem gefragt, inwieweit sich für ihn New York von Berlin in Mode und Inneneinrichtung unterscheidet und ganz nebenbei erfahren, wie sich für ihn aus einer persönlichen Bitte der deutschen Vogue-Chefin Christiane Arp eine grundlegende Tendenz in seiner Laufbahn als Modeschöpfer ergab.

Rechts die große Monstera, lies mehr zum Thema Urban Jungle

Sara: Tim, wie sehr interessierst du dich für Interior Design?

Tim: Sehr! Ich liebe es nach Vintage Möbeln zu suchen. Zum Beispiel auf ebay, oder auch in allen möglichen Ecken in Deutschland. Ich liebe es einfach nach bestimmten Objekten zu suchen.

Hannes: Ich nenn ihn schon den Trödel-Tim! Quasi jede freie Minute verbringt er damit bei ebay-Kleinanzeigen..Dabei ist das Wohnzimmer schon voll! (lacht)

Tim: ...aber ich habe dann immer Leute, oder Freunde an die wir Dinge abgeben können.(lacht)

Hannes: Du solltest das Ganze professionell aufziehen!

Tim: Ich glaube es geht dabei auch eher um ein generelles Ding. Ich glaube, die modernen Möbel catchen einen nicht mehr so sehr. Ich war neulich auf der Salone di Mobile in Mailand unterwegs und habe dort auch wieder gedacht, dass die alten Sachen einfach echter sind. Ich finde Möbel die ein bisschen abgelebt sind, haben einfach mehr Charme. Die erzählen alle eine kleine Geschichte. Man erlebt teilweise auch einfach interessante Sachen, wenn man gebrauchte Dinge kauft. Wir haben neulich für unser Wohnzimmer eine riesige Monstera Pflanze von einer alten Omi aus dem Altersheim rausgeholt, da sie nicht mehr in ihr kleines Zimmer reingepasst hat! Wir hatten ur den Spaß mit dieser Frau! Und sowas ist einfach nett! Der Prozess allein, alte Möbel aufzuspüren ist meiner Meinung nach viel interessanter als einfach in einen Shop zu gehen und sich was Neues zu kaufen. Die Geschichte, die einem die Leute dann mitgeben hat einfach einen Mehrwert! Das ist so wie Perlentauchen.

Hannes: So wie neulich, als wir nach Dresden gefahren sind und was abgeholt haben! Den Ausflug verbinden wir jetzt damit auch.

Sara: Ihr seid ziemlich aktiv wenn es um Interior geht!

Tim: Das ist echt unser Hobby, neben der Mode und der Psychologie.

Sara: Gibt es eine Verbindung für dich zwischen Mode und Interior?

Tim: Mode bekleidet ja den Menschen und Interior macht das gleiche mit Räumen. So wie der Architekt einen Raum schafft, schafft der Designer auch einen Raum mit der Mode und ich finde die beiden Dinge garnicht trennbar voneinander. Ich verstehe auch immer garnicht, wenn Leute aus der Mode kein Gespür für Einrichtung haben..Ich finde das hängt einfach so nah beieinander.

Sara: Gibt es denn eine Verbindung zwischen deinen Kollektionen und eurer Einrichtung ?

Tim: Sie spiegeln sich definitiv darin immer ein bisschen wider. Unsere Kissen zum Beispiel! Die haben wir mit Stoffresten aus den Kollektionen als Zero-Waste-Produkte verpatcht. Ich glaube auch, dass sich die Farbigkeit meiner Kollektionen in der Wohnung widerspiegelt. Dieses Jahr ist meine Kollektion sehr von Palmen geprägt und das hängt auch damit zusammen dass wir einen starken Bezug zu Pflanzen haben, was auf jeden Fall auch in unserer Wohnung sichtbar ist.

Sara: Ist Mode nicht auch viel schnelllebiger als Interior Design?

Tim: Mode ist natürlich generell weniger wertbeständig. Mode kommt und geht in einem saisonalen, oder sogar noch schnellerem Rhythmus. Während Interior wertbeständiger bleibt. Diesen Anspruch haben wir auch an unsere Einrichtung.

Sara: Welchen Anspruch stellst du an Mode und an jede deiner eigenen Kollektionen?

Tim: Für mich ist Mode etwas, wo du ein Gefühl mit lebst und auch ein Bedürfnis mit stillst. Ich frage mich immer am Anfang einer Kollektion, was das Bedürfnis von den Leuten gerade ist, wo es hingeht, wo Trends und Silhouetten sich gerade hinbewegen. Mir geht es immer darum dieses Gefühl zu transportieren. Natürlich soll es tragbar sein und auch über viele Saisons funktionieren, zeitlos sein. Aber natürlich steht auch im Vordergrund, dass es Showpieces gibt, die diesen bestimmten Gedanken transportieren. Diese sind in der Regel aber auch sehr pflegeintensiv und nicht unbedingt tragbar. Für mich privat muss Mode super funktional sein. Es muss einfach zu pflegen und einfach zu tragen sein - das sieht meine Kundin ähnlich.

Sara: Wie entstehen bei dir Themen für deine nächsten Kollektionen?

Tim: Das ist im Grunde ein fließender Prozess. Wenn ich in den letzten Zügen der einen Kollektion bin, entsteht oftmals schon eine Idee für die nächste. Da geht es dann mal um den Film Into The Wild, dann um ein Kinderbuch und jetzt um Matisse und seine Scherenschnitte. Vieles entwickelt sich auch in Gesprächen mit Freunden. Es ist jedoch nie so, das es eine Idee gibt, die dann fest steht bis zum Schluss. Es ist essentiell für mich, dass ich da immer auch offen bleibe für Veränderungen im Entwicklungsprozess der Kollektion, da es sonst zu gewollt aussieht am Ende.

Sara: Welche Vision steht über deiner Mode?

Tim: Es geht immer darum eine selbstständige, erwachsene Frau anzuziehen, die etwas artifizieller unterwegs ist und intellektuell. Eine Frau die auf eigenen Beinen steht.

Sara: Du kommst eigentlich aus der Herrenschneiderei - wie kam der Schritt zur Damenoberbekleidung?

Tim: Das kam durch Christiane Arp. Sie hatte meine Herrenkollektion gesehen und meinte dann zu mir "Tim, das ist so schön! Mach das doch auch für Frauen! Ich lade dich in den Vogue Salon ein und unterstütze dich." Obwohl ich mir da noch nicht so sicher war, hab ich das dann einfach mal gemacht. Das lief dann recht erfolgreich. Für mich war dann die größte Herausforderung herauszufinden, für wen ich die Kollektionen eigentlich entwerfe. Die Herrenkollektion hatte ich vorher für einen jungen Mann entworfen, von dem ich ein ganz klares Bild im Kopf hatte - bei der Frau hab ich dann festgestellt, dass sie ganz anders ist. Sie hat eine ganz andere Art und Weise zu leben, eben ein ganz anderer Typ. Diesen Findungsprozess empfand ich sehr spannend, weil er mich neu herausgefordert hat und es auch immer noch tut. Das hatte für mich damals weniger Stillstand prophezeit.

Sara: Du hast während deiner Tätigkeit für Kenneth Cole zeitweise in New York gelebt. Wie unterscheidet sich für euch die USA von Europa in Mode und Interior Design?

Hannes: Die Herangehensweise und die Ästethik ist eine andere in den Staaten, finde ich. Es ist viel anorganischer, straighter, kürzer, so ein bisschen drüber irgendwie.

Tim: ..ein bisschen ‚glatt poliert‘, wenn es um Interior geht. So haarscharf am schlechten Geschmack vorbei (lacht).
Was die Mode angeht muss in New York alles immer sehr kurz und sexy sein. Das ist eine ganz andere Frau die da lebt, als in Berlin bzw. Deutschland. Wir passen mit unserer Kollektion auch nicht so gut nach New York zum Beispiel, weil wir viel zu androgyn sind und maskuline Silhouetten haben. Dort ist alles eher süß, niedlich und sexy, kurze Röcke und glatte Haare..

Hannes: Es gibt sehr schöne Ecken dort. Man findet viele Dinge aus Europa, die man hier nicht findet. Zum Beispiel die Cosmo-Teller von Seletti und Diesel - die haben wir dort zum ersten Mal gesehen, wenn auch fünfmal so teuer wie hier.

Kissen in verschiedenen Variationen und Maßen, entworfen von Tim Labenda

Sara: Wie würdet ihr das Lebensgefühl beschreiben, dass sich in eurer Wohnung widerspiegelt?

Tim: In erster Linie soll man sich hier wohl fühlen. Ich mag es nicht, wenn es zu museal wirkt und man das Gefühl hat in einem leeren Raum zu stehen..

Hannes: Ich finde dieser ganze Minimalismus-Overkill ist einfach vorbei. Es darf ruhig wieder bunt und zusammengewürfelt sein.

Tim: Man darf wieder zeigen, was man mag. Ich bin totaler Fan von Astronomie und Sonnensystemen. Dazu kommt unser Hang zu Pflanzen. Vor 15 Jahren durfte man ja keine Zimmerpflanzen haben, das war total verpönt. Wir freuen uns jeden Morgen über jedes neue Blatt das spriest (lacht).

Sara: Erkennt ihr darin auch einen neuen Zeitgeist ?

Tim: Ich hab das Gefühl dass die Leute gerade sehr stark ihre Interessen in den Innenraum legen, ins Private. Interior ist gerade auch viel wichtiger geworden als Mode - das merken wir auch an vielen Gesprächen, die wir führen. Interior Design ist mittlerweile auch ein total wichtiger Faktor bei neuen Bars und Cafés geworden. Ohne ein Konzept dahinter, geht es fast garnicht mehr.

Text/Interview: Sara Umbreit
Fotos: Damian Tauchert