Ladies & Gentlemen
"Wir nehmen die Idee zu Spielen sehr ernst"
Mit Sitz an beiden Küsten der USA, Seattle und Brooklyn, konzentrieren sich Dylan Davis und Jean Lee mit ihrem Design Studio auf eine gute Mischung warmen Minimalismus´, verspielter Zurückhaltung und einfacher Eleganz.
Ladies & Gentlemen, 2010 gegründet, erforscht auf spielerische Art die Synergien von Material und Funktion. Das Studio konzentriert sich neben weiteren Projekten vor allem auf kleine Objekte, Home Accessoires, Möbel, Beleuchtung und Schmuck. Jean und Dylan beschreiben ihren Designanspruch als offen und multidisziplinär.
Sara: Wie würdest du euren Ansatz beschreiben?
Jean: Wir nehmen die Idee zu Spielen sehr ernst. Wir versuchen uns Neugier für unser Design, die Art wie wir arbeiten und unser Leben gestalten, zu bewahren. Wir sind beide sehr praktisch veranlagt und genießen es, Materialien, Orte und Möglichkeiten anzuschauen, ohne gleich etwas reinzuinterpretieren, was der Sinn oder die Funktion dessen mal sein könnte. Das ist so, wie wenn Kinder mit Blöcken, Sand oder Essen spielen - es ist ein intuitiver und direkter Weg Dinge zu entdecken. Wir glauben, dass es auch für uns als Erwachsene wichtig ist, sich einen verspielten Entdeckergeist zu bewahren, um kreativ, neugierig und offen sein zu können.
Sara: Worauf fokussiert ihr euch im Bezug auf Materialien?
Jean: Wir konzentrieren uns auf die physischen Eigenschaften des Materials und darauf, wie wir es verarbeiten können, dass es am besten zur Geltung kommt. Unsere Kazimir Leuchte entstand zum Beispiel als wir mit verschiedenen Glasstücken experimentiert haben. Immer wenn wir diese übereinander gelegt haben, entstanden tolle Muster und Effekte. Solche Ideen würden wir niemals entwickeln, wenn wir nur mit Zeichnungen und Computermodellen arbeiten würden.
Sara: Wie schaut euer Workflow aus, woher nehmt ihr Inspiration und wie ist eure Aufgabenteilung?
Jean: Wir wechseln uns mit verschiedenen Aufgaben ab, abhängig davon an welchem Projekt wir gerade arbeiten und was erledigt werden muss - das Design übernehmen wir jedoch immer beide.
Jeder bringt andere Ideen mit an den Tisch, die wir dann zusammen definieren. Für bestimmte Dinge, wie Beleuchtung, bringt Dylan Ingenieurwissen für die technischen Details mit, während ich gut darin bin, das richtige Material und die Farbkombination auszuwählen. Ab und zu unternehmen wir gemeinsam "Inspirations-Ausflüge" zu Museen, Galerien oder in unseren Kiez. Wenn dafür keine Zeit ist, machen wir eine Kreativübung, die wir Sketchercise nennen. Dazu nehmen wir ein interessantes Buch in die Hand und schlagen eine beliebige Seite auf. Dann stellen wir die Stoppuhr auf zwei Minuten und zeichnen so viele Ideen wie möglich, die uns dazu in den Sinn kommen, auf.
Nach zwei Minuten öffnen wir dann eine andere Seite und so weiter...In dem Tempo spontan an Ideen zu arbeiten, erlaubt uns unseren Geist offen zu halten und entspannter beobachten zu können, Inspiration um uns herum wahr zu nehmen und nicht zu fixiert auf einen bestimmten Lösungsansatz zu sein.
Sara: Woran arbeitet ihr zur Zeit?
Jean: Im Moment arbeiten wir an einem neuen Design - inspiriert durch unsere Shaker Workstation - das wir gemeinsam in einem Co-Projekt namens Furnishing Utopia realisieren. Das ist ein ganz besonderes Projekt, bei dem Designer aus der ganzen Welt in einem Workshop im Hancock Shaker Village (ein historisches Dorf-Museum) zusammenkommen. Wir haben in fünf Tagen das Archiv des Museums studiert und es war wunderbar so schöne und bedachte Designobjekte von vor hunderten von Jahren zu sehen und wie man deren Prinzipien auch in modernem Kontext und unserer Arbeit übersetzen kann. Nach dem Workshop waren wir alle herausgefordert, auf Grund unserer Erfahrung, neue Designs zu kreieren. Die erste Kollektion kam 2016 während der New York Design Woche heraus. Gerade arbeiten wir an der nächsten Kollektion für 2017. Weitere Designer aus Norwegen und den Niederlanden sind auch dabei.
Sara: Wie sieht euer Traumprojekt aus?
Jean: Wir lieben kulturübergreifende Projekte bei denen wir auf Reisen, andere Kulturen, Designer und Kreativschaffende kennenlernen und Idee und Wissen austauschen. Wir denken da steckt eine Menge Mehrwert dahinter, kreative Menschen von überall zusammenzubringen. Im Moment suchen wir nach Orten, wo wir genau diese Erfahrung wieder machen können. Ein weiteres Traumprojekt wäre einen Spielplatz zu entwerfen!
Sara: Welche Design Studios bewundert ihr?
Jean: Wir schauen sehr zu Studios, wie Scholten & Baijings und Muller van Severin auf. Genauso zu typischen Design-Duos, wie Eames, oder Vignellis. Wir lieben Studios, die sehr produktiv sind und mit verschiedene Disziplinen experimentieren, egal wie groß oder klein sie sind.
Text/ Interview: Sara Umbreit